Kunstwerk aus Leim, Lack und Holz

Tischlermeister Christoph Dettmering hat für Air France KLM eine alte Weltkarte restauriert

Als Jean Signoret die alte Weltkar­te aus Holz in der deutschen Niederlassung der Air France, nahe der Zeil in Frankfurt am Main, entdeckte, wusste er, dass es sich um einen besonderen Fund handelt. Signoret ist Präsident des Air-France-Museums in Paris. I)ie Karte zeigt neben alten Flugrouten der Air France, die seit dem Jahr 1953 bedient wurden, auch Ölmalereien. Diese stehen stellvertretend für einen Kontinent. Australien zum Beispiel ziert ein Känguru. Viel ist über die Geschichte des Stückes nicht bekannt. Auch der Hersteller, die Firma Bembe, hat in ihren Archiven keine Unterlagen mehr über die Karte mit den Maßen 250 mal 120 Zentimeter.

Restauriert wurde die Weltkarte in der Werkstatt des Frankfurter Restaurators und Tischlermeisters Christoph Dettmering. Seit fast 25 Jahren ist sein Betrieb weit über das Rhein­Main-Gebiet hinaus bekannt. Der Fachbetrieb beschäftigt sich in erster Linie mit der Restaurierung und Konservierung von Möbeln und Holzobjekten. Dettmering musste zugeben: Ein so großes und bedeutendes Stück hatte er noch nicht in seiner Werkstatt. Der Restaurator sieht den Herstellungszeitraum in den 1950er-Jahren, was sich mit dem Zeitraum der Flugrouten deckt.

Bei der Voruntersuchung stellte Dettmering unter anderem lose Farbschollen an den Ölmalereien fest. Sie entstehen, wenn die Farbe brüchig und rissig wird. Der originale Lack, ein Nitrozelluloselack, war trotz schlechter Alterungseigenschaften gut erhalten. Das sei der guten Lagerung ohne intensive Sonneneinstrahlung zu verdanken sagt der Experte. Hätte der Lack abgenommen werden müssen, wäre ein wichtiges Zeitdokument von kunsthistorischer Bedeutung verloren gegangen. Dettmering konzentrierte sich bei seiner Arbeit schließlich auf die Konservie­rung und beschreibt den Aufbau der Weltkarte so: Als Trägerplatte wurde eine Tischlerplatte mit einer Mittellage aus Nadelholz gewählt. Für die aufgeklebten Messerfurniere wurden verschiedene Holzarten verwendet. Messerfurniere oder auch Binnenfurniere werden so genannt, weil das Furnier nicht mit der Säge, sondern industriell produziert wurde. Heikel hätte es werden können, wenn es durch die nur einseitig beklebte Trägerplatte zu Verformungen gekommen wäre. Das verhinderte jedoch die erstklassige Ausführung zur Entstehungszeit sowie ein Gerüst aus Nadelholz auf der Rückseite.

Bevor die Restaurierungsarbeiten beginnen konnten, musste die Karte gründlich gereinigt werden. Dazu wurde die Oberfläche abgesaugt und abgepinselt sowie lose Furniere wurden mit speziellen Klebebändern gesichert. Im Anschluss folgte eine Reinigung mit Lösungsmitteln. Dafür musste Dettmering verschiedene Methoden anwenden, da sich der Lack weder ablösen noch verändern oder in das Holz eindringen durfte.

Die teilweise losen Furniere wurden mit Glutinleimen, genauer Hasen- und Fischleimen, wieder mit der Trägerplatte verbunden. Diese Leime werden aus der Haut und den Knochen oder Gräten von Tieren hergestellt. Aufgrund der Größe des Objektes griff die Werkstatt auf eine Vorrichtung mit Gewichten und Hydraulikstühlen zurück, die die Furniere von der Decke aus niederdrückten. Die Restauratoren mussten sehr behutsam arbeiten, um hervorquellenden Leim zu entfernen und so Lackbeschädigungen vorzubeugen.

Nachdem die Leime getrocknet waren, wurden die Arbeiten am Gesamtwerk fortgesetzt. Die Restauratoren konnten die Schollenbildung an den Ölmalereien eindämmen und fehlende Stellen auffüllen und retuschieren. Zum Glück war die Weltkarte, wie Dettmering sagt, mit allen Furnieren, Malereien und der Lackoberfläche weitgehend original erhalten.

Die Arbeit des Frankfurter Spezialisten fand in der französischen Hauptstadt großes Gefallen. Als historisches Dokument hängt die Weltkarte aus Holz jetzt im Pariser Sitzungssaal des Verwaltungsrats der Fluggesellschaft Air France KLM.

Von Daniel Krause

04. 08. 2019 |