»Antike Möbel müssen nicht aussehen wie Lackschuhe«

Frankfurter Neue Presse, Fr. 03 Dez. 1993 /

„Ich bin zwischen alten Kisten groß geworden”, sagt. Christoph Dettmering schmunzelnd. Doch als Junge hatte er es sich nicht träumen lassen, daß er mit antiken Möbeln einmal seinen Lebensunterhalt verdienen sollte. Jetzt hat er sich sogar einen Traum erfüllen können: Der 30jährige ist sein eigener Herr in einem kleinen Atelier in Frankfurts Norden. Dort“ werden von dem gelernten Tischler und Schneidermeister Stühle, Tische, Schränke, Bänke und sogar Uhren geleimt, gehobelt, geputzt und gepflegt. Oft bis spät in die Nacht sucht er Risse- und Brüche im Holz, bring Furniere an, vergleicht Farben und träumt nachts von der Barockzeit.

Schon als kleiner Junge hat er in Holzspänen gewühlt und aus-Sperrmüll Seifenkisten gebaut. Seit einem halben Jahr hat der Kunstliebhaber den Meisterbrief in der Tasche „Niemand konnte mir anfangs sagen, wie man Restaurator wird. Da muß man schon aus hartem Holz geschnitzt sein“, lacht er.

Der Pfarrerssohn studierte zunächst Theologie, tauschte nach vier Semestern aber die Gebetbücher gegen Säge und Holz ein. Die größte Herausforderung beim Erneuern alter Möbel ist, so Dettmering, das Original nicht zu verfälschen. „Viele glauben, eine antike Kommode muß aussehen wie ein Lackschuh. Moderne: Lacke und Leime verändern aber das Kunstwerk.“ Deshalb stellt er seine Leime gewöhnlich selbst her. Wenn Dettmering nicht gerade nach Holzwürmern sucht, spielt er Trompete, zeichnet oder fachsimpelt mit seiner Frau, die Denkmapflege studiert. Beide träumen davon, einmal ein Schloß umzubauen. Das eigene? „Warum nicht!”, sagt er und klopft auf seine Arbeitsplatte.

Doris Rummel

02. 03. 2012 |